Umrichtertaugliche Wicklungen und teilentladungsarme Übertrager

5 Oktober, 2016 by
Umrichtertaugliche Wicklungen und teilentladungsarme Übertrager
CMC Klebetechnik GmbH

Die meisten Niederspannungseinrichtungen sind meist nicht unmittelbar mit dem Anschlusspunkt zum Überlandnetz verbunden (Überspannungskategorie IV; EN 60664-1). Sie gehören damit in die Überspannungskategorie III oder sogar II. Diese Geräte werden durch entsprechende dämpfende und begrenzende Einrichtungen vor hohen Stoßspannungen aus dem „Netz“ geschützt.

Probleme mit Teilentladungen in einem Isolationsaufbau entstehen jedoch nicht durch gelegentlich vorkommende Spannungsspitzen durch z.B. flächendeckende Zuschaltung von Strassenbeleuchtung einmal pro Tag. Vielmehr kommt es bei der immer häufiger eingesetzten Umrichtertechnik (PWM-Technik) zu dem Problem der langsamen Zerstörung von Isolationsmaterialien kommen. Denn steile Spannungsanstiege (typisch sind heute deutlich unter 100 ns) belasten elektrische Isolationsmaterialien anders wie die sinusförmige 50Hz-Versorgungsspannung. Sie können zu repetierenden Teilentladungen im Isolationssystem führen.

Doch warum sind Teilentladungen so unerwünscht?

Eine Teilentladung ist die Vorstufe zu einem Totaldurchschlag der Isolation. Diese „kleinen elektrischen Feuer (Corona)“ entstehen vor allem an abrupten Übergängen von Materialien (Oberflächen), die sich in ihrer dielektrischen Konstante unterscheiden. Im einfachsten Fall sind das Lufteinschlüsse in Isolationsaufbauten. Die organischen Werkstoffe werden an solchen Stellen durch die wiederholt auftauchenden Teilentladungen (Ozon, Abbrand, UV) mit der Zeit „weggefressen“.

Betroffene elektrische Wickelgüter können grob in zwei Klassen eingeteilt werden: Spulen und Transformatoren sowie Elektromotoren. In dem Niederspannungsbereich bis 1000V werden diese Wicklungen meist mit dünnen Kupferlackdrähten hergestellt. Sie erhöhen durch den geringen Radius zusätzlich die lokale Feldstärke. Solche Feldlinienkonzentrationen erhöhen die elektrische Belastung der Isolationsmaterialien zusätzlich.

Eine der wichtigen Endgerätenormen für drehende Maschinen ist die EN 61800-5-1. Sie schreibt nach Wärmewechsellagerungen drei Prüfungen vor:

  • Stoßspannungsprüfung

  • Hochspannungstest

  • Teilentladungsprüfung

Die Belastung des Isolationssystems ist durch diese drei Tests vergleichsweise hoch, sodass die Reihenfolge bereits darüber entscheiden kann, ob das Gerät die Prüfungen besteht oder nicht.

Auch die EN 61558 (Sicherheit von Transformatoren, Netzgeräten, Drosseln etc.) kennt diese Prüfungen, welche für die Isolation gegenüber Masse sowie für die Wicklungsisolation eine Aussage zur Betriebsfestigkeit erlauben.

Entsprechende Stoßgeneratoren und TE-Messsysteme sind auf dem Markt von einigen wenigen, spezialisierten Unternehmen verfügbar.

Sicherer Betrieb auch nach Alterung

Um die Tauglichkeit der Wickelgüter für den modernen Impuls- und Umrichtereinsatz (z.B. Frequenzumrichter, Sperrwandler, Wechselrichter, etc.) zu testen, setzt man erfolgreich die Teilentladungsmessung ein. Sie überprüft nicht nur den korrekten Aufbau des Gerätes während der Fertigung (Qualitätssicherung mittels Teilentladungsmessung), sondern erlaubt auch eine Aussage darüber, ob die drehende Maschine oder der Übertrager langfristig seine bestimmungsgemäße Funktion behält. Denn durch die (thermische) Alterung verringert sich bei organischen Isolierwerkstoffen die Spannungsbelastbarkeit mit der Zeit. Ein großer anfänglicher Abstand der Teilentladungseinsatzspannung zum Betriebs- und dem Stoßspannungsniveau macht daher eine Aussage darüber, wie sich das Isoliersystem insgesamt auch nach Alterung im Feld verhalten wird.

Was gilt es zu beachten?

Es gibt eine ganze Palette an Möglichkeiten zur Erhöhung der Teilentladungseinsetzspannung – also der Vergrößerung des Abstandes zwischen einer zerstörerisch wirkenden Corona-Zündspannung und der Betriebsspannung. Das führt unmittelbar zu einer der wichtigsten Lösungen, wie man Teilentladungen in Isolationssystemen vermeidet: Abstand! Denn Abstand verringert am wirkungsvollsten die Feldstärke H.

Seit einigen Jahren werden wegen des vereinfachten Wicklungsaufbau neben lackisiolierten Drähten auch Drähte mit drei getrennten Isolationslagen eingesetzt. Doch auch diese speziellen Drähte werden durch das Grenzflächenphänomen PD (partial discharge) belastet. Die Teilentladungen können bei ausreichend hoher Feldstärke innerhalb der drei Lagen zu einer früheren Zerstörung wie bei isolierten Drähten mit „massiv“ miteinander verbackenen Lackschichten führen.

Darum sind dreifach isolierte Drähte ohne Zwischenlagenisolation den Wicklungsaufbauten mit z.B. fünf Lagen Polyesterklebeband (z.B. CMC 10966) unterlegen. Genauso sind luft- und kriechstreckenvergrößerende Maßnahmen immer wirkungsvoller wie der Einsatz von Werkstoffen, die ein möglichst geringes Epsilon r haben (Luft = 1, Teflon = 2; Frequenzabhängigkeit bei anderen Werkstoffen beachten).

Teilentladungen können unter anderem auch auftreten an Beschädigungen von Lackdrähten, z.B. beim automatisierten Einziehen in Statoren oder durch Kreuzungspunkte in „wilden“ Wicklungen. Auch mit eingebrachte Mikropartikel können z.B. durch Vibration die Isolation schwächen und so TE begünstigen.

Eine weitere Fehlermöglichkeit besteht bei Elektromotoren und -generatoren. Die Coronaflamme entsteht an den Übergängen zwischen Nutschieber und Deckschieber, da dieser Bereich schwer vollständig zu vergießen ist.

Resonanzen auf der Zuleitung von Frequenzumrichter (Drive Controller) angesteuerten Elektromotoren führen zu Spannungsüberhöhungen bis zum vierfachen der Nennspannung – hier kann ein vorgeschalteter Filter ggf. sogar als Opferbauteil den eigentlichen Wicklungsaufbau des Motors schützen.

Mit anorganischen Stoffen gefüllte Lackschichten bei FIW-Drähten tragen ebenfalls dazu bei, den Zeitpunkt für die Zerstörung der Lackschichten bei Auftreten von TE zu verschieben. Einen ähnlichen Effekt erreicht man mit coronabeständigen Folien wie z.B. Kapton® MT (zusätzlich bessere Abführung von Verlustwärme; CMC 70300)

Fazit

Die beste Lösung ist immer, dass die Teilentladungseinsetzspannung PDIV (oder PDEV, Teilentladungsaussetzspannung) so weit wie möglich von der Nennspannung entfernt ist – und dies gelingt am besten durch größere Abstände.

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